Zeichen des Gedenkens - Vier Stolpersteine wurden in Luckenwalde zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus verlegt
- 07. August 2014
Von Elinor Wenke. Luckenwalde - Für Josepha-Maria Kadenbach (72) und ihre Schwestern war gestern ein bewegender Tag, auf den sie lange gewartet haben. Ihrem Vater Arno Ertner zu Ehren, den sie nie kennengelernt hat, wurde in Luckenwalde ein Stolperstein gesetzt. Der Künstler Gunter Demnig brachte den Stein mit Messingplatte vor dem Haus in der Dahmer Straße 28 in den Boden, dem letzten freiwillig gewählten Wohnsitz von Arno Ertner.
Damit setzte der CDU-Stadtverband Luckenwalde seine Tradition fort, mit Stolpersteinen an Menschen zu erinnern, die während der Zeit des Nationalsozialismus verfolgt und getötet wurden. "Der Künstler ist heute bereits zum sechsten Mal in Luckenwalde", sagte CDU-Stadtchef Sven Petke. Weitere Stolpersteine wurden vor dem Haus in der Poststraße 5 für Toni Hirschfeld, geborene Sander, ihren Ehemann Walter Hirschfeld und ihre Mutter Emma Sander verlegt.
"Der Hintergrund ist kein Grund zur Freude, aber ich freue mich trotzdem, hier zu sein", sagte Gunter Demnig. Seit 1993 hat er europaweit mehr als 47 000 Stolpersteine verlegt. Besonderen Wert legt er auf das Material Messing. "Beim Drüberlaufen wird die Erinnerung blankpoliert", sagte er. Zwar sei es ursprünglich eine Notlösung gewesen, die Steine in den Boden zu bringen, "aber wer lesen will, muss sich verbeugen", sagte Demnig und ist inzwischen froh darüber.
CDU-Landeschef Michael Schierack erinnerte an die unzähligen Opfer des Nazi-Regimes: "Jeder Einzelne sollte unvergessen bleiben. Sie wurden ermordet aus irrationalem, unmenschlichem Hass. Niemals dürfen wir zulassen, dass erneut dieser Hass entsteht."
Mit Arno Ertner ehrte die CDU erstmals einen Luckenwalder mit einem Stolperstein, der nicht jüdischen Glaubens war. Er war Mitglied der katholischen Gemeinde und hatte sich die Predigttexte des Münsteraner Bischofs Clemens August Graf von Galen verschafft, der darin den Mord an kranken und behinderten Menschen anprangerte.
Am 6. Dezember 1941 wurde Ertner verhaftet, noch ehe sein fünftes Kind Josepha-Maria geboren wurde. Im KZ Dachau kam er am 15. Februar 1943 um. "Unsere Eltern haben hier in der Dahmer Straße erst in der unteren Etage gewohnt, dann oben", erinnerte sich Tochter Mechthild Tiel. Ihre beiden Schwestern Josepha-Maria Kadenbach und Maria-Relindis Wilhelm trugen vor, was ihre Mutter in den Tagen nach der Verhaftung des Vaters für die Nachkommen aufgeschrieben hatte. Pfarrer Ernst Dickenscheid sprach mit den Gästen ein Gebet.
"Über die Steine wollen wir mit dem Kopf und dem Herz stolpern", sagte Landrätin Kornelia Wehlan (Linke). "Es ist heute an uns, einen breiten antifaschistischen Dialog zu führen und aufkeimenden Nazi-Parolen zu widersprechen", fuhr sie fort.
An der Poststraße 5 hatten die heutigen Eigentümer Ralf Eyssen und Cornelia Hübsch bereits im Jahr 1999 ein Schild zu Ehren der Familie Hirschfeld und Sander angebracht. Die Opfer waren in das Warschauer Ghetto beziehungsweise nach Theresienstadt deportiert und dort ermordet worden.
Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 07.08.2014