Eine Frage des Charakters - Innenminister Jörg Schönbohm diskutiert mit Jugendlichen

Wünsdorf. Etwas verlassen schienen sich Andy Kehrt und Sebastian Aßmann auf dem Podium im Wünsdorfer Bürgerhaus vorzukommen. Während andere Jugendliche am Montagabend in sicherem Abstand zur Bühne, den „Talk-Auftritt“ der beiden gerade mit der 10. Klasse in Wünsdorf fertig gewordenen Oberschüler verfolgten, mussten diese Farbe bekennen. Dabei hatten die beiden Auserwählten prominenten Beistand an ihrer Seite: Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) und die Moderatorin der Gesprächsrunde zum Thema „Zivilcourage gestern und heute“, Tamara Zieschang (CDU), Direktkandidatin zur Bundestagswahl 2009.

Noch etwas verschwommen waren zunächst die Vorstellungen der jungen Leute von der Bedeutung des Wortes Zivilcourage. Für Andy bedeutet es vor allem, dass man sich in der Schule gegenseitig hilft, bei Aufgaben unterstützt und bei Unfällen Hilfe leistet. Doch Minister Schönbohm hakte nach, gab konkrete Beispiele. Zivilcourage sei es zum Beispiel, sich einzumischen, wenn einem anderen die Jacke „abgezogen“, sprich weggenommen wird. Oder zu helfen, wenn jemand bei einer Prügelei schon am Boden liegt und immer noch auf ihn eingeschlagen wird. Oder wenn jemand – obwohl in der Minderheit – trotzdem seine Meinung artikuliert.

Für Schönbohm, der 1957 Soldat und Jahre später General wurde, hängt Zivilcourage in erster Linie mit Charakter zusammen. „Die Charakterfrage ist das Entscheidende“, gab er den jungen Leuten im Saal mit auf den Weg und fand so die Überleitung zum eigentlichen Anlass der von der Stadtverwaltung Zossen organisierten Veranstaltung: der 65. Jahrestag des missglückten Attentats auf Hitler. „Die Männer des 20. Juli“, so der Minister, „waren bereit, ihr Leben zu geben, um ein großes Unrecht zu beseitigen.“ Widerstand sei nichts Abstraktes, man müsse ihm Gesichter geben und Orte zuordnen. Ein Film wie „Operation Walküre“, der an diesem Tag im Anschluss an die Gesprächsrunde gezeigt wurde, sei deshalb wichtig, so Schönbohm. Wie wichtig, zeigten die Reaktionen von Andy und Sebastian. Während der eine zwar schon eine ZDF-Dokumentation zum 20. Juli gesehen hatte, gab der andere zu, sich mit dem Thema noch gar nicht beschäftigt zu haben. Zudem sei man beim Schulstoff nicht soweit gekommen, räumte er ehrlich ein.

Grund genug nachzuhaken, ob sie sich vorstellen könnten, mit ihrer Schulklasse ein Projekt zu erarbeiten, das sich mit dem Widerstand gegen Hitler in Wünsdorf beschäftigt. „Unsere Bunkertüren stehen dafür sperrangelweit offen“, ermunterte Werner Borchert, Geschäftsführer der Bücherstadt Tourismus GmbH die jungen Leute. Und Schönbohm bot an, eine finanzielle Unterstützung zu prüfen. (Von Fred Hasselmann)

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 22.07.2009

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