Parteien vermuten Wahlkampfhilfe - Streit um Bürgersprechstunde

Kritik an Zusammenarbeit von Bürgermeister Andreas Igel und Bundesfinanzminister Olaf Scholz

Die „Digitale Bürgersprechstunde“ von Bürgermeister Andreas Igel (SPD) am Mittwochnachmittag ist in die Kritikgeraten, bevor sie überhaupt stattgefunden hat. Der CDU-Stadtverband, Danny Eichelbaum (CDU-Landtagsmitglied) und die Bundestagsabgeordnete Saskia Ludwig (CDU) haben sich auf die Veranstaltung eingeschossen, weil Andreas Igel die Online-Bürgersprechstundegemeinsam mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) durchführt. Angesichts der geplanten Bürgersprechstunde am Mittwochnachmittag fühlt sich die CDU brüskiert. Der CDU-Stadtverband steht nach eigenem Bekundender „digitalen Veranstaltung kritisch gegenüber“. Auch wenn es rechtlich nicht zu beanstanden sei, dass ein Bürgermeister einen Minister zu einer solchen Sprechstunde einlädt, bleibt für den Stadtverband ein fader Beigeschmack. Zudem werbe die Stadt mit einem Bild für die Veranstaltung, das bei der Nominierung von Olaf Scholz in Ludwigsfelde aufgenommen worden sei.

„Das ist der Versuch, unter dem Deckmantel des Informations- und Lerngesprächs, dem Kandidaten der SPD einen unlauteren Wahlkampfauftritt zu ermöglichen“, kommentierte der Stadtverbandsvorsitzende Gregor Lutz. Danny Eichelbaum und Saskia Ludwigäußerten ebenfalls Kritik. „Zentraler Gesichtspunkt ist die staatliche Neutralitätspflicht in Zeiten des Wahlkampfs“, findet Eichelbaum. Er sieht das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit verletzt. Und Saskia Ludwigfügte hinzu: „Herr Scholz hat wirklich dringenden Nachholbedarf bei den Themen, die für unsere Leute vor Ort wichtig sind. Ich kann das nur begrüßen. Ob diese Lehrstunden allerdings steuerfinanziert sein sollten, muss sich der Minister selbst fragen.“ Kritik gab es auch vom linken Bundestagsabgeordneten Norbert Müller: „Gerade ist die Diskussion zur umstrittenen Wahlwerbung des Ministerpräsidenten im Bürgermeisterwahlkampf Neuruppin abgeflaut, da kommt die SPD mit einer vergleichbaren Aktivität um die Ecke.“ Olaf Scholz sei bisher in der Region wenig in Erscheinung getreten, da sei sein Auftritt mit dem Bürgermeister eine interessante Möglichkeit, Werbung für sich zu machen, so Müller. Und Linda Teuteberg (FDP) befand zudem Thema: „Rathäuser unseres Landes sind keine Außenstellen der SPD-Wahlkampf-Kampa.“Bürgermeister Andreas Igel sagte auf Nachfrage, dass nicht er als Bürgermeister den Finanzminister eingeladen hat, sondern Scholz bei ihm angefragt habe, ob er an der digitalen Bürgersprechstunde teilnehmen könne. „Die Stadt Ludwigsfelde ist mit ihren digitalen Sprechstunden Vorreiter im Land Brandenburg“, freut sich Igel darüber, dass seine Sprechstunden bis auf die bundespolitische Ebene ausstrahlen. Er erhoffe sich von der Teilnahme des Bundesfinanzministers, „dass die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger, aber auch der Unternehmerinnen und Unternehmer in der Stadt Gehör finden und Unsicherheiten auch beim Thema Wirtschaftshilfen ausräumt werden“. Anders als ursprünglich geplant wird Olaf Scholz nicht persönlich zur Bürgersprechstunde nach Ludwigsfelde kommen. Der Dialog soll am Mittwochnachmittag ab 18 Uhr digital aus dem Rathaus und dem Bundesfinanzministerium zugleich geführt werden. „Gerade in Zeiten, in den auf Präsenzveranstaltungen gänzlich verzichtet werden muss, sind digitale Formate besonders geeignet, um mit den Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt zu bleiben“, sagt Andreas Igel. Er hält es dagegen „für realitätsfern, ein Dreivierteljahr vor dem Wahltermin von Wahlkampf zu sprechen. „Das würde ja dann bedeuten, dass alle politischen Aktivitäten auf der Bundeseben jetzt bereits als Wahlkampf zu deklarieren sind.“

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 16.12.2020

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