Mehr Kinder, weniger Klassen - In Sperenberg handhabt das Schulamt die Flex-Klassen auf seine Art „flexibel“

Pauline aus Kummersdorf-Alexanderdorf hat das erste Schuljahr gemeistert. Sie geht in eine sogenannte Flex-Klasse an der Grundschule Sperenberg. Darin sitzen Erst- und Zweitklässler. Wer besonders schnell lernt, darf ein Schuljahr überspringen, langsam Lernende können aber auch drei Jahre in der flexiblen Eingangsphase bleiben, ohne dass dies „Sitzenbleiben“ heißt. In Paulines Klasse lernte es sich gut – sie waren 14 Kinder. Ab 5. August aber sollen es doppelt so viele Erst- und Zweitklässler sein. Aus drei kleinen Flex-Klassen mit insgesamt 53 Kindern werden dann zwei mit je 28 Schülern.

Paulines Mutter Anke Schmolling ist entsetzt: „Das ist völlig unlogisch. Viele Eltern befürchten wie ich, dass bei der hohen Schülerzahl das Lernen zu kurz kommt. Ohne die Kompetenzen der Lehrer in Frage stellen zu wollen, aber was ist das noch für ein Flex-System? Offenbar geht es nur ums Geld.“

Winfried Otto, der Leiter des Staatlichen Schulamtes, sucht gar nicht erst Ausflüchte: „Machen wir uns nichts vor, natürlich ist das auch ein Geldproblem. Das Schulgesetz unterscheidet bei der maximalen Klassenstärke nicht zwischen Regel- und Flex-Klassen. Flex-Klassen haben jedoch zusätzlich fünf Teilungsstunden und fünf sonderpädagogische Förderstunden pro Woche.“

Im vorigen Jahr seien in der Gemeinde Am Mellensee 61 Kinder eingeschult worden, davon 34 in Sperenberg und 27 in Mellensee. Dieses Jahr gebe es insgesamt nur 44 Erstklässler, davon 28 in Sperenberg und 16 in Mellensee. „Mit diesen Zahlen kann ich keine vier Klassen bilden. Die Gemeinde hätte es aber in der Hand gehabt, die Situation zu entzerren. Sie könnte mehr Erstklässler nach Mellensee schicken, damit die Sperenberger Klassen kleiner werden“, so Otto.

Bürgermeister Frank Broshog lässt diesen Vorwurf nicht auf sich sitzen. Immerhin wurden bereits Erstklässler in Sperenberg abgewiesen und nach Mellensee umgelenkt. Er sieht sich in einer Zwickmühle: „Es ist nun mal so, dass dieses Jahr im Umkreis von Mellensee weniger Erstklässler wohnen. Wir wollten die Wünsche der Eltern weitgehend berücksichtigen. Da geht es doch auch um Geschwister oder darum, dass die Kinder gemeinsam mit ihren Kita-Freunden in dieselbe Schule wechseln wollen.“

Er ist enttäuscht von der „großen“ Politik: „Das, was man sich mal erhofft hat von den Flex-Klassen, mehr individuelle Förderung der Kinder, geht an der Realität vorbei.“

In der Schulkonferenz gebe es Überlegungen, zurück zu den Regelklassen zu gehen. Und die Gemeindevertretung denke darüber nach, wieder mehrere Schulbezirke zu bilden. Bisher können die Eltern ihre Schulanfänger in Sperenberg oder in Mellensee anmelden.

Anke Schmolling hatte sich in einem Offenen Brief ans Bildungsministerium Potsdam gewandt und erhielt jetzt Antwort. Darin heißt es: „Es ist aus fachlicher Sicht nicht nachvollziehbar, warum in Klassen mit bis zu 28 Schülern keine individuellen Lernerfolge gefördert werden können.“ Eine Frechheit aus Sicht der Mutter. Schließlich lernen in Flex-Klassen zwei Jahrgangsstufen in einem Raum zusammen.

CDU-Landtagsabgeordneter Danny Eichelbaum, den Anke Schmolling um Hilfe bat, wartet nach einer Anfrage noch auf Post vom Ministerium. Er schüttelt den Kopf über die Bildungspolitik: „Die Koalition aus SPD und Linke hatte mal verkündet, im Bildungsbereich nicht zu sparen. Jetzt sollen dort nächstes Jahr 24 Millionen Euro gekürzt werden. Sogar an die Lehrer-Personalreserve will man rangehen.“ (Von Gudrun Schneck)

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 22.07.2011

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