„Das ist einfach unzumutbar und gefährlich“ - Landtagsabgeordnete erlebten ungewöhnliche Fahrt auf dem Berliner Damm
- 19. Oktober 2011
BLANKENFELDE - „Ich fahre jetzt mit Tempo 60 – das würde ich sonst nicht tun.“ Regina Bomke, CDU-Gemeindevertreterin in Blankenfelde-Mahlow und Mutter von vier Kindern, hatte den Landtagsabgeordneten Rainer Genilke (CDU) in der dritten Sitzreihe ihrer „Familienkutsche“ platziert und ab ging die halsbrecherische Fahrt über ein Stück des Berliner Damms. Die L 792 – Hauptverbindungsader zwischen Blankenfelde und Mahlow – besitzt Landesstraßenstatus. Und das ist das Problem. Die Pflasterstraße ist in einem schlimmen Zustand, für ihre Erneuerung ist das Land Brandenburg zuständig. Das allerdings stellt inzwischen weniger Geld dafür bereit, als die Kommunen für ihre Kreisstraßen.
Immer wieder wurde zuletzt mit Bitumenflicken und -streifen ausgebessert, doch eigentlich ist ein grundhafter Ausbau fällig. Seit Jahren schon. Um die notwendigen Mittel beim Land locker zu machen, damit der Landesbetrieb für Straßenwesen seiner Aufgabe zur Sanierung endlich nachkommen kann, lud die Gemeinde Landtagsabgeordnete, die mit Verkehrs- und Infrastrukturpolitik befasst sind, zu einem Tag der Erkenntnis. Die Idee stammte von Regina Bomke und Erkenntnisse gewannen die Landespolitiker wahrlich. Schade nur, dass außer den beiden CDU-Abgeordneten Rainer Genilke und Björn Lakenmacher Vertreter aller anderen Fraktionen abgesagt hatten. Terminprobleme bei der Linken und der FDP hieß es, auch von der SPD wurde niemand gesichtet.
Bürgermeister Ortwin Baier (SPD) begrüßte neben Gemeindevertretern und Ortsvorstehern viele Anwohner und Interessenten. Er erläuterte den Anwesenden auf dem Parkplatz vor dem Waldfriedhof, an dem einer der beiden schlimmen Abschnitte der L 792 entlang führt, die dreifache Lärmbetroffenheit der Gemeinde durch Schiene, Flugrouten und die Straße. Baier appellierte, sich in den Ausschüssen für die schnelle Freigabe von Haushaltsmitteln zum Straßenausbau einzusetzen. Es handelt sich um die zwei insgesamt zirka zwei Kilometer langen Teilstücke vor beziehungsweise nach dem neuen Kreisverkehr an der Ossietzkystraße. Anschließend nutzten die Abgeordneten die Möglichkeit, als Beifahrer im Lkw, Pkw und als Sozius auf dem Motorrad die Strecke abzufahren, um sich selbst ein Bild zu machen.
Von „man sollte nicht glauben, dass es so was 20 Jahre nach der Wende noch gibt“ über „Stoßdämpfer – o weh!“ bis „das ist einfach unzumutbar und gefährlich“ reichten die Kommentare der Abgeordneten. Sie erklärten anhand von Zahlen die finanzielle Sachlage, also die „Notlage“, die den Blankenfelder Akteuren hinlänglich bekannt ist.
Dass hier eine besondere Lärmbetroffenheit besteht, die gemildert werden muss, räumten beide nach ihren Fahrten ein.
Lkw-Fahrer Oliver Tangl berichtete, dass es Björn Lakenmacher an Bord ernüchternd laut erschienen sei. Tangl war die vorgeschriebene Spur gefahren. Im Alltag versuchten die Fahrer jedoch, auf die „besseren Stellen“ auszuweichen, was zusätzlich Gefahr berge.
Ein Blankenfelder beschrieb, dass er den Streckenabschnitt auf seinem täglichen Arbeitsweg über die B 96 in Glasow umfährt. „Macht im Jahr etwa 240 Euro mehr an Spritkosten“. „Ich bin auf Ihrer Seite“, so Rainer Genilke nach der Fahrt. Dem schloss sich sein Kollege an. Beide wollen in den Ausschüssen Druck machen, dass die Gelder für den Ausbau bald fließen. Ähnliches erklärt auch Kornelia Wehlan (Die Linke) schriftlich. Die Planfeststellung ist fast abgeschlossen. „Wenn es gut läuft, könnten wir 2013 beginnen“, so Ortwin Baier auf Unterstützung hoffend. (Von Andrea von Fournier)
Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 19.10.2011