Wie auf dem Plakat

Katherina Reiche winkt schon von weitem. Hinter ihr, an der Potsdamer Seite der Glienicker Brücke, hängt ein Wahlplakat. Da lacht sie genauso wie bei der Begrüßung. "Ich bin ein fröhlicher Mensch", sagt die 40-jährige CDU-Politikerin später im Gespräch an ihrem Lieblingsplatz.

Katherina Reiche. Der Lieblingsplatz der Potsdamerin ist das Ufer an der Glienicker Brücke – wegen der Landschaft, aber auch, weil die Brücke an die Freude der Wiedervereinigung erinnert.

Potsdam. Der Lieblingsplatz ist also die Glienicker Brücke, unten stehen Bänke. Da reicht der Blick über das Havelwasser zum Babelsberger Park ‒ eine Harmonie von Architektur und Landschaft. Katherina Reiche fährt täglich über die Brücke, manchmal mehrmals. Trotzdem, sagt sie, komme da jedesmal dieses Glücksgefühl auf, es sei immer wieder ein erhebender Moment, die Brücke zu überqueren. Nicht nur wegen der Landschaft. Die Brücke markiert wie nur wenige andere Bauwerke symbolhaft sowohl die Teilung Deutschlands als auch die Wiedervereinigung.

Die Wiedervereinigung habe sie, ebenso wie ihre Familie, als sehr befreiend empfunden, sagt Reiche. Sie würdigt ausdrücklich die Rolle Helmut Kohls in diesem Prozess. Er habe die Wiedervereinigung durchgezogen wie kein Zweiter, auch gegen Widerstände, nicht nur in Deutschland, sondern auch bei einigen der Verbündeten. Und dann war da noch die christlich geprägte Erziehung in ihrem Elternhaus. Das alle führte Katherina Reiche 1993 in die CDU.

Katherina Reiche hat an der Universität Potsdam studiert. Sie ist Diplomchemikerin. Das Chemiestudium nützt ihr auch in der Politik. Nicht nur, dass ihr Professor in Potsdam, Erich Kleinpeter, viel Wert auf strukturelles Denken seiner Studenten legt, als Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesumweltministerium hat Reiche auch mit Chemikalienrecht zu tun, außerdem mit Wasser, Energie, Naturschutz. Bei der Debatte über die Energiepolitik werde das Wirken des Ministeriums für den Naturschutz oft viel zu wenig wahrgenommen, beklagt Reiche ‒ zum Beispiel dafür, dass der ehemalige Grenzstreifen zwischen beiden deutschen Staaten für die Natur erhalten bleibt. Auch dass sie bei der Regierung in Kairo dagegen protestiert hat, dass in Ägypten mit riesigen Netzen Zugvögel eingefangen werden, um sie als Delikatesse in Restaurants anzubieten, fand in Deutschland wenig Widerhall. "Wegen der Energiewende kommt nicht viel rüber, was auf der Bundesebene für den Naturschutz getan wird", sagt Reiche. Als Parlamentarische Staatssekretärin ist sie nicht beamtete Staatssekretärin, aber trotzdem Regierungsmitglied. Sie vertritt auch den Minister. Gleichzeitig ist sie Abgeordnete des Bundestags. Deshalb steht sie auch im Wahlkampf.
Viele Abende sind damit ausgebucht, sich dem kritischen Wahlvolk zu stellen. Wenn die CDU auf einer der Politiker-Runden fehlt, mokieren sich die Vertreter der anderen Parteien gern darüber. Manchmal habe sie aber gar keine Einladung bekommen, sagt Katherina Reiche. Sie habe sich schon selbst einladen müssen. Ist Wahlkampf nicht eine Last, wenn der Tag ohnehin schon ausgefüllt ist? "Wahlkampf ist das Hochamt der Demokratie", sagt Reiche. Und er mache auch Spaß. Aber man dürfe nicht nur vor Wahlen den Kontakt zu den Bürgern pflegen. Von Tür zu Tür laufen, sich vorstellen und Flyer verteilen, wie ihre SPD-Konkurrentin Andrea Wicklein das macht ‒ das ist Reiches Sache allerdings nicht. Doch die CDU-Kandidatin versichert, durchaus nicht nur hochhackige Schuhe zu besitzen, sondern auch bequeme flache Treter, mit denen sie zwar nicht bis vor die Wohnungstüren läuft, aber bis zu den Briefkästen, um ihr Werbematerial zu verteilen.

Die Kinder sind 14, elf und sieben Jahre alt. Sie seien gut geraten und die ganze Familie kümmere sich um sie, sagt Katherina Reiche. Und sie lacht dabei wie auf ihrem Wahlplakat.
Von Stephan Laude

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 04.09.2013

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