Kontinuität und Erneuerung im Kreistag

SPD und Linke verlieren, die CDU gewinnt. Mit der AfD und den Freien Wählern ziehen neue Gruppierungen in den Kreistag von Teltow-Fläming ein. In der MAZ-Analyse fasst Hartmut F. Reck die Wahl zusammen und erklärt, warum der Kreistag mit einer Hühnerleiter vergleichbar ist.

Luckenwalde. Man stelle sich den Kreistag – ohne die Würde des hohen Hauses in Frage stellen zu wollen – wie eine Hühnerleiter vor: Ganz oben thronte bisher als stolzer Hahn die SPD. Doch der unrühmliche Abtritt ihres langjährigen Landrats Peer Giesecke und die misslungene Wahl seines als Nachfolger gehandelten Genossen stutzten den Sozialdemokraten die Flügel. Bei der Kreistagswahl am Sonntag rutschte die SPD mit mehr als 13.181 Stimmen weniger als 2008 einige Sprossen herunter. Sie fiel aber nicht ins Bodenlose, sondern konnte sich noch auf einer der oberen Sprossen festhalten.

Auch für die Linke wurde die Luft auf der zweithöchsten Sprosse zu dünn. Mit einem Verlust von 10.760 Stimmen gegenüber 2008 musste auch sie Federn lassen und sank herab auf dieselbe Sprosse, zu der sich die CDU mit einem bemerkenswerten Stimmenzuwachs von 2149 Kreuzchen auf den Wahlzetteln aufgeschwungen hatte. Zwar landeten die Christdemokraten wie zuvor nur auf dem 3. Platz, ihre Fraktion ist aber nun genauso groß wie die der Linken.

Darunter tummeln sich viele Küken, die alle noch wachsen wollen. Den Grünen ist es schon gelungen, manche stagnierten beim Wachstum. Einige frisch Geschlüpfte plusterten sich mächtig auf, andere gib's nicht mehr.

Als stärkste Fraktion wird die SPD wieder das Vorschlagsrecht für den Kreistagsvorsitz haben. Wen man vorschlägt, ist noch nicht klar. Die neue Fraktion besteht aus 14 Mitgliedern (vorher: 17) und setzt sich zur Hälfte aus bisherigen Kreistagsmitgliedern und zur anderen Hälfte aus „Neulingen" zusammen. Der bisherige Fraktionsvorsitzende Helmut Barthel sieht trotz der hohen Stimmenverluste „ein eindeutiges Wählervotum für unser Programm", mit dem er eine „zukunftsorientierte Politik im Interesse der Bürger und Kommunen" betreiben will.

Die Verteidigung des zweiten Platzes betrachtet Die Linke durchaus als Erfolg, zumal ihre bisher größte Stimmenfängerin nicht mehr kandidierte: Kornelia Wehlan. Sie hatte bewusst darauf verzichtet, weil sie als Landrätin das Mandat nicht hätte annehmen können. „Unser Ziel war es, der Landrätin mit einer starken Fraktion den Rücken zu stärken, das ist uns gelungen", sagt Fraktionschef Hans-Jürgen Akuloff. Jedenfalls ist sie mit zwölf Mitgliedern genauso stark wie zuvor.

Mit dem kreisweit höchsten Stimmenzuwachs tritt die CDU mit ebenfalls zwölf Fraktionsmitgliedern (vorher: zehn) selbstbewusst die nächste Wahlperiode an. „Der Wahlsonntag war ein guter Tag für die CDU Teltow-Fläming", sagt deren Vorsitzender Danny Eichelbaum.

BVB/Freie Wähler erreichte auf Anhieb den alten Fraktionsstatus von vier Kreistagsmandaten. Wie sie damit umgehen, ist noch offen. Denn die vier Abgeordneten der Freien Wähler hatten bisher noch nicht so viel miteinander zu tun und nur einer von ihnen war schon vorher im Kreistag. „Wir müssen uns erst überlegen, welche Linie wir im Kreistag fahren und mit wem wir zusammenarbeiten", sagt Matthias Stefke.

Überaus zufrieden zeigt sich Birgit Bessin, Kreisvorsitzende der AfD, die auf Anhieb die nunmehr für den Fraktionsstatus ausreichende Anzahl von drei Kreistagsmitgliedern erreicht hat. Man werde in der Opposition bleiben, die Politik kritisch verfolgen und im Sinne der Bürger entscheiden, sagt Bessin.

Letzteres sagen natürlich alle Parteienvertreter. Vermutlich werden sie aber das Bürgerinteresse unterschiedlich interpretieren und entsprechend abstimmen. Wenn es anders wäre, bräuchte man kein Parlament.

Die Vertreter des Bauernverbandes waren zwar nie direkt an der Macht beteiligt, sehen sich aber gern als bodenständiger und verlässlicher Partner der Regierenden. So zeigt sich Helmut Dohrenbusch angenehm überrascht von dem stabile Abschneiden der SPD. Mit dem eigenen Wiedereinzug mit drei Fraktionsmitgliedern hatte er ohnehin gerechnet. Aber auch er hatte einige Stimmenverluste zu verzeichnen. Zufrieden ist Dohrenbusch vor allem damit, dass der Kreistag nicht in noch mehr Kleingruppen zerfällt.

Einen Generationswechsel haben B90/Die Grünen eingeleitet. Irina Kalinka stößt zu den bisherigen Grünen im Kreistag und erhöht deren Anzahl auf Fraktionsstärke. Ihr Vater Gerhard Kalinka ist froh über den Stimmenzuwachs. Ein weiteres Zusammengehen mit den Freien Wählern kann er sich aber nicht vorstellen.

Dass sie und ihre Partei wieder in den Kreistag kommen, damit hatte Martina Borgwardt (FDP) gar nicht mehr gerechnet. Jetzt sind die Liberalen zwar nur noch zu zweit, aber man werde sich wohl wieder mit „den Bauern" zusammentun, sagt sie. Die neue Zusammensetzung des Kreistags empfindet sie als „etwas einseitig". Sie befürchtet, dass die drei großen Fraktionen die Politik bestimmen und die kleinen Fraktionen kaum eine Rolle spielen.

Die Zossener Wählervereinigung PlanB zieht auch mit zwei Mitgliedern in den Kreistag ein wie schon 2008. „Verstecken müssen wir uns deshalb nicht", sagt ihre Spitzenkandidatin Michaela Schreiber, „weil wir ja nur in einem der fünf Wahlkreise angetreten sind." Die Zossener Bürgermeisterin hat die meisten Stimmen eingeheimst, wird aber ihr Amt in Zossen nicht für den Kreistag aufgeben. Mit wem PlanB zusammenarbeiten wird, sei noch nicht entschieden, sagt sie.

Landrätin Kornelia Wehlan (Die Linke) blickt der Zusammenarbeit mit dem neuen Kreistag zuversichtlich entgegen. Er sei geprägt von Kontinuität und Erneuerung zugleich, sagt sie. „Die großen Fraktionen sind enger zusammengerückt, was ihre Stimmenzahl betrifft, und die Erfahrungsträger wie Grüne, FDP und Bauernverband haben den Wiedereinzug mit mehr oder weniger Erfolg geschafft." Für eine Belebung würden jetzt AfD und Freie Wähler sorgen. Für ihre eigene Partei hätte sich Wehlan gern ein besseres Ergebnis gewünscht. Aber wohin die verlorenen Stimmen gegangen sind, „müssen die Parteien, vor allem SPD, Linke und FDP, selber analysieren".

Die Abgeordneten

Diese Abgeordneten sind in den Kreistag gewählt worden:

SPD: Andreas Igel, Bettina Lugk, Helmut Barthel, Ortwin Baier, Katja Grassmann, Detlef Schlüpen, Maria Freifrau von Schrötter, Christian Grüneberg, Detlev von der Heide, Winand Jansen, Evelin Kierschk, Erik Stohn, Falk Kubitza, Gabriele Schröder

Linke: Peter Dunkel, Irene Pacholik, Roland Scharp, Hartmut Rex, Dirk Hohlfeld, Annekathrin Loy, Hans-Jürgen Akuloff, Eberhard Pohle, Felix Thier, Maritta Böttcher, Heike Kühne, Edeltraut Liese

CDU: Dirk Steinhausen, Detlef Helgert, Andreas Muschinsky, Michael Wolny, Roy Riedel, Gertrud Klatt, Lutz Lehmann, René Haase, Lutz Möbus, Sven Petke, Danny Eichelbaum, Carola Hartfelder

FDP: Martina Borgwardt, Gertraud Rocher

Bauernverband: Michael Baumecker, Helmut Dornbusch, Jörg Niendorf

Plan B: Michaela Schreiber, Andreas Noack

Grüne: Irina Kalinka, Gerhard Kalinka, Thomas Czesky

AfD: Hans-Stefan Edler, Ralf von der Bank, Birgit Blessin

Freie Wähler/BVB: Erich Ertl, Matthias Stefke, Ronald Rahneberg, Detlef Klucke

NPD: Stella Hähnel

Ob oben genannte Kandidaten ihr Mandat für den Kreistag annehmen ist noch nicht sicher. Unter den Gewählten sind auch Bürgermeister wie etwa Michaela Schreiber oder Ortwin Baier. Laut Kommunalverfassung dürfen sie nur dann in den Kreistag einziehen, wenn sie ihr Amt als Bürgermeister niederlegen.

Von Hartmut F. Reck

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 27.05.2014

 

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