Truppenübungsplatz Jüterbog - Kriegsmunition explodiert in der Sonne

Wieder hat es auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz bei Jüterbog gebrannt – austretender Phosphor könnte der Grund sein

Die Waldbrandsaison hat begonnen: Bei einem vermutlich durch explodierende Munition ausgelösten Feuer auf dem Übungsplatz Jüterbog (Teltow-Fläming) sind 13 Hektar Wald und Heide versengt worden - das entspricht der Fläche von 18 Fußballfeldern. Das Feuer, das am Montagnachmittag ausgebrochen war und die Nacht hindurch schwelte, war am Dienstagmittag unter Kontrolle.

Zuvor hatte die Einsatzleitung eine Warnung ans Innenministerium geschickt, dass ein Übergreifen auf ein unzugängliches Areal von 500 Hektar drohe - dazu kam es nicht, weil der Brand an einem Sandweg über Nacht weitgehend von selbst erlosch.

Am Brandort - Zielpunkt für Schießübungen seit dem Kaiserreich – dürfen Feuerwehren aus Sicherheitsgründen nicht direkt löschen. "Es gibt Erfahrungen, wonach Einsatztechnik in früheren Jahren durch Granatsplitter beschädigt wurde", sagt Jüterbogs Bürgermeister Arne Raue (parteilos). Auch sei bekannt, dass die Flächen mit chemischen Substanzen erheblich verseucht sind", sagte Raue. Feuerwehrleute berichten, dass beim aktuellen Brand mehrere Detonationen zu hören waren.

Die Landesregierung hat laut Bürgermeister einen Mindestabstand von einem Kilometer empfohlen. Beim Ortstermin wird klar: auf dem Truppenübungsplatz wird es auch in Zukunft brennen und knallen. Granatsplitter und ganze Geschosskörper ragen alle paar Meter aus dem verkohlten, noch rauchenden Gestrüpp. Wie viele tausend Geschosse noch im Sand stecken, ist unklar. Nur wenige Hauptwege sind überhaupt beräumt. Die Feuerwehr hat Anweisung, einen Sicherheitsabstand zu halten und lediglich die Wege und die angrenzende Vegetation - Kiefern, Birken und Heidekraut – zu benetzen.

Das größte Problem sei die phosphorhaltige Munition aus dem Dritten Reich, so erläutert Jüterbogs Ortswehrführer Lutz Selent. Die Witterung lasse Blindgänger aufplatzen. Im Kontakt mit Sauerstoff und bei hohen Temperaturen entzünde sich die Chemikalie, so Selent. "An heißen Tagen, wenn in der Sonne bis zu 60 Grad herrschen, geht es gegen 13, 14 Uhr los", sagt der Feuerwehrmann. Das Feuer bringe dann auch andere Geschosse zur Explosion.

Eine Komplettberäumung der 9000 Hektar, auf denen auch Wölfe leben, hält Selent für illusorisch: "Damit werden sich noch unsere Nachfahren in zwei, drei Generationen herumschlagen", so der Ortswehrführer. "Jetzt ist die Wehrmachtsmunition unser Problem, in 20 Jahren die aus sowjetischen Zeiten." Drei Armeen haben die Wälder umgepflügt und ihren explosiven Schrott zurückgelassen. Schon im Kaiserreich trainierte die Truppe dort.

Im Jahr 1860 fanden die ersten Schießübungen statt. 9000 französische Gefangene bauten die Anlage während des deutsch-französischen Krieges 1870 aus. Eines der größten Geschütze des Kaiserreichs, die "Dicke Bertha", die im Ersten Weltkrieg Festungen knackte, wurde bei Jüterbog getestet, außerdem Luftminen und Torpedos. Im Dritten Reich avancierte das Gelände zum größten Übungsplatz Deutschlands. Schließlich feuerte die Sowjetarmee aus allen Rohren.

Politisch hat der Brand Zündstoff. Bürgermeister Arne Raue fordert mehr Unterstützung seitens der Landesregierung: "Teilweise erstattet das Land Kosten der Brandbekämpfung, lässt die betroffenen Kommunen jedoch im Wesentlichen allein." Die Jüterboger Stadtverordnetenversammlung und Landrätin Kornelia Wehlan (Linke) hätten sich ans Land gewandt. "Es gab keine brauchbare Reaktion", so Raue.

Die CDU-Landtagsabgeordneten Danny Eichelbaum und Sven Petke fordern, die Landesregierung müsse "ein Kampfmittelbeseitigungskonzept für die betroffenen Landkreise auf den Tisch zu legen". Teltow-Flämings bestehe zu 24 Prozent aus Munitionsverdachtsflächen.

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 11.05.2016

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