30 Jahre Einheit - Dieser Meinsdorfer wirkte an der Wiedervereinigung mit
- 25. August 2020
30 Jahre ist es her, dass die letzte DDR-Volkskammer den Beschluss zum Beitritt zur Bundesrepublik fasste. Reinhard Anders aus Meinsdorf saß damals mit im Plenarsaal – und würde heute wieder genauso stimmen.
Bewegende Momente gab es im Leben des Meinsdorfers Reinhard Anders viele. Ob als Historiker und Literaturforscher mit den Spezialgebieten Ländeken, Romantik und der Familie Von Arnim oder als Politiker hat der promovierte Tierarzt Erzählstoff, der für mehr als einen Band Autobiografie reichen würde.
Die Nacht zum 23. August: Einer seiner bewegendsten Momente
Die Nacht vom 22. zum 23. August 1990, die sich am Wochenende zum 30. Mal jährte, gehört für den heute 80-Jährigen zu den bewegendsten überhaupt. Als Mitglied der ersten frei gewählten, zugleich aber auch letzten DDR-Volkskammer, in die das langjährige CDU-Mitglied auf Platz eins seines damaligen Parteibezirks gesetzt wurde, war der Meinsdorfer im Berliner Palast der Republik mit dabei, als sich das Parlament mit deutlicher Mehrheit für den Beitritt des so genannten Arbeiter- und Bauernstaates zur Bundesrepublik Deutschland entschied.
„Die Stimmung war kontrovers, denn es gab Befürworter und Gegner des Beitritts, aber überwiegend euphorisch, auch wenn es bei der Frage, was da genau auf uns zukommen wird, überall Fragezeichen gab“, blickt Anders auf die Debatte der Sondersitzung zurück, die am Nachmittag begonnen hatte und gegen 3 Uhr morgens mit dem Beitritts-Beschluss endete. Wie die meisten seiner Abgeordneten-Kollegen hatte auch der damals 50-Jährige für den Beitritt gestimmt.
Wunsch zum gesellschaftlichen Mitgestalten
CDU-Mitglied war der damals 25-Jährige bereits 1965 geworden. „Wenn man gesellschaftlich mitgestalten und der Politik der SED etwas entgegensetzen wollte, blieb nur die CDU, auch wenn ich damals noch nicht wusste, wie sehr sich die Führung der DDR-CDU nach der SED-Obrigkeit richtete“, blickt Anders, der damals noch in Frankenfelde lebte, auf die Anfänge seines politischen Engagements zurück. Auch im kirchlichen Bereich engagierte sich der frischgebackene Veterinär und war sogar Mitglied der Synode, dem obersten Kirchenparlament der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg.
Als nach dem aufgedeckten Wahlbetrug bei der Volkskammerwahl 1989 und nach dem Mauerfall im März 1990 die Neuwahl der Volkskammer anstand, nominierten ihn die Mitglieder seines Partei-Kreisverbandes zu ihrem Spitzenkandidaten. Zwei lange Tage währte das Warten auf das Ergebnis, ob auch er es geschafft haben würde.
Er hatte. Die Anerkennung der Menschen, die nach dem Krieg als Flüchtlinge aus dem Osten des ehemaligen Deutschen Reiches in die DDR gekommen waren, und die stärkere Einbeziehung der Jugend beim Gestalten der Deutschen Einheit waren die beiden für ihn wichtigsten Themen, die Anders als Volkskammer-Abgeordneter anschieben wollte.
Der Druck kam aus dem Westen
Viel Zeit blieb ihm dafür nicht, denn aus dem Westen des politisch noch geteilten Landes kam Druck, die Wiedervereinigung voran zu treiben. Den Satz Lothar de Maizières, mit dem der damalige DDR-Ministerpräsident die nächtliche Sondersitzung einberief, hält Anders nicht für einen Zufall, sondern für eine gewollte oder unabsichtliche Offenbarung. „Auf dieser Sondersitzung sollen wir den Fahrplan und wollen wir den Fahrplan zur deutschen Einheit festlegen“, hatte de Maizière den Abgeordneten ans Herz gelegt und damit zugleich verraten, woher die Order kam.
„Heute würde ich genauso wie damals stimmen, aber auch dafür, dass der Einigungsvertrag sorgfältiger ausgearbeitet wird. Und dass ein Kontrollsystem geschaffen wird, damit der Ausverkauf unserer zum Teil ja auch funktionieren Wirtschaft nicht so willkürlich geschieht“, stellt Anders, der nach der Auflösung der Volkskammer arbeitslos wurde und nur mit Mühe wieder als Tierarzt Fuß fassen konnte, mit den heutigen Erfahrungen fest.
Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 25.08.2020