Rede des CDU-Fraktionsvorsitzenden Danny Eichelbaum zur Stasiüberprüfung der Kreistagsabgeordneten

ES GILT DAS GESPROCHENE WORT

Sehr geehrter Herr Vorsitzender, meine sehr geehrten Damen und Herren,

zunächst möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei den Mitgliedern der Arbeitsgruppe und beim Vorsitzenden Herrn Furian für ihre Arbeit bedanken. Das Überprüfungsverfahren war kompliziert, es gab Schwierigkeiten bei der Auslegung des Kreistagsbeschlusses und oft auch Einmischungsversuche des Vorsitzenden des Kreistages, was die Arbeit nicht immer leicht gemacht hat.

An dieser Stelle möchte ich nur daran erinnern, dass unsere Fraktion einen vereinfachten Verfahrensvorschlag gemacht hat, der hier aber damals mit den Stimmen der Koalition abgelehnt wurde.

Wichtig ist jedoch, dass die Arbeitsgruppe zu einem Ergebnis gekommen ist und auch das entsprechende Votum der Fraktionen vorliegt.

Es gibt Stimmen, die meinen, man solle es jetzt nach über 20 Jahren gut sein lassen mit der Stasiaufarbeitung mit der Stasiüberprüfung von Abgeordneten und Mitarbeitern im öffentlichen Dienst.

Fast 2 Millionen Bürger haben inzwischen einen Antrag auf persönliche Akteneinsicht bei der Stasiunterlagenbehörde gestellt, Veranstaltungen der BSTU platzen aus allen Nähten. Die Fantasien von einem Schlussstrich werden dadurch widerlegt.

Auch die Erinnerung an den Nationalsozialismus ist ein Lehrbeispiel dafür, dass sich Schlussstriche im Umgang mit einer Diktatur nicht von oben verordnen lassen, nicht nach einem halben Jahrhundert und erst recht nicht nach einem Vierteljahrhundert.

Den Zeitpunkt der Versöhnung dürfen nicht die Täter bestimmen, sondern die Opfer, diejenigen die verletzt wurden, die von der Stasi inhaftiert worden sind, die drangsaliert worden sind, denen das Leben im real demokratischen Sozialismus schwer gemacht wurde, weil sie eine andere Meinung hatten, als die SED-Oberen.

Versöhnung kann und wird immer nur individuell sein, Versöhnung kann aber auch nur auf Wahrhaftigkeit beruhen. Versöhnung kann nur auf Auf­klärung aufbauen.

Es geht um Aufarbeitung von Diktatur, es geht um Werte, es geht um den prinzipiellen Unterschied von Diktatur und Demokratie, um Wahrhaftigkeit und Glaubwürdigkeit.

Und genau daran fehlt es uns oft und vor allem in Brandenburg. Dazu gehört auch, dass wir die Machenschaften der Stasi nicht verklären und nicht verharmlosen. Frau Wehlan Sie sprachen ja 1993 davon, dass die Staatssicherheit eine Regierungsbehörde war, ich hoffe, dass wiederholen Sie heute nicht mehr.

Die Staatssicherheit war eine Verbrecherorganisation, die Andersgläubige im Namen der SED drangsaliert, ausspioniert, inhaftiert und manchmal auch getötet hat. Sie war nach ihrem Selbstverständnis das Schild und Schwert der SED.

Ich möchte in Richtung Linke nachdrücklich sagen, wenn ich Ihnen diesen Ratschlag geben darf. Nutzen Sie jede Gelegenheit um deutlich zu machen, dass die DDR ein Unrechtsstaat war und die Stasi gegen die Verfassung und gegen gültige DDR Gesetze verstoßen hat. Tun Sie alles dafür, dass nichts verniedlicht und verharmlost wird.

Das Thema Staatssicherheit ist gerade hier in Brandenburg hochaktuell, es ist noch nicht lange her, da debattierte der Brandenburger Landtag über die Stasivergangenheit von Abgeordneten der Linken, noch immer sind über 100 inoffizielle und offizielle Mitarbeiter der Stasi in der Justiz und in der Polizei tätig, darunter Richter, Staatsanwälte und Polizeiführer.

Ich kann allen nur das jüngste Werk von Jürgen Schreiber mit dem Titel Die Stasi lebt empfehlen. Ich glaube, das bringt es auf den Punkt. Die Stasi lebt, weil diejenigen, die in der Stasi aktiv waren, die Informelle Mitarbeiter waren, nach wie vor in verantwortungsvoller Position tätig sind.

Damit können, damit dürfen wir uns nicht zufriedengeben. Gerade als Abgeordnete, als Repräsentanten des Landkreises Teltow-Fläming haben wir eine Vorbildfunktion.

Wenn 4 Abgeordnete des Kreistages als inoffizielle Mitarbeiter des Staatssicherheitsdienstes geführt wurden, dann können wir nicht so tun, als wäre da nichts gewesen. Vielmehr müssen wir uns damit auseinandersetzen, was das für  Konsequenzen haben muss.

Wir haben uns mit den Aktenbefunden und den Ergebnissen der Arbeitsgruppe ausführlich auseinandergesetzt. Wir sind hier auch nicht nach der Rasenmähermethode vorgegangen, sondern haben eine differenzierte rechtsstaatliche Einzelfallbewertung vorgenommen. Eingeflossen in unsere Entscheidung sind sowohl, ob von den betroffenen Abgeordneten eine Zusammenarbeit mit dem MfS offen und ehrlich eingeräumt worden ist, als auch die Tatsache, dass sich die betroffenen Abgeordneten innerhalb der letzten 20 Jahren für das Gemeinwohl engagiert haben.

Es geht im Grunde genommen um zwei Fragen, die wir zu beantworten haben: 1. Hat jemand zweifelsfrei mit dem Staatssicherheitsdienst zusammengearbeitet und DDR-Bürger ans Messer geliefert und 2. Sind solche Personen geeignet für ein öffentliches Amt?

Richtschnur hierfür war für uns die entsprechende Richtlinie des Deutschen Bundestages zur Feststellung einer bewussten und gewollten Zusammenarbeit von Volksvertretern mit dem Staatssicherheitsdienst der DDR, welche ja auch vom Bundesverfassungsgericht 1996 bestätigt worden ist.  Maßgeblich sind demnach, 1. das Vorliegen einer Verpflichtungserklärung, es sei denn, es liegt ein Bagatellfall vor, 2. Das Anfertigen von Berichten über Personen außerhalb offizieller Kontakte oder 3. Eine Belegung des  Tätigwerdens für das MfS  durch das Vorliegen zweifelsfreier Indizien.

Demnach sind wir zu der Auffassung gelangt, dass bei Herrn Georgi keine Konsequenzen zu ziehen sind, da weder von ihm Spitzelberichte geschrieben worden sind, noch eine Verpflichtungserklärung vorliegt.

Herrn Akuloff und seine Fraktion fordern wir auf, selbst Konsequenzen zu ziehen. Bei ihm liegen sowohl eine selbst unterschriebene Verpflichtungserklärung, als auch von ihm gelieferte Berichte vor. Seine Akte bei der BSTU umfasst 265 Seiten.Es konnte aber nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden, dass er negative Berichte über Personen geschrieben hat. Deshalb verzichten wir auf die Forderung nach Mandatsniederlegung.

Herrn Dr. Haase fordern wir zum Mandatsverzicht auf. Nach unserer Ansicht liegt hier die schwerste Belastung vor. Es ist eindeutig erwiesen, dass er über 20 Jahre bewusst und gewollt mit dem Ministerium für Staatssicherheit zusammengearbeitet hat. Er war ein Denunziant, der zahlreiche Personenberichte über sein Arbeitsumfeld abgeliefert hat. Dies belegt seine über 765 Seiten  umfassende Akte bei der BSTU. Ihn musste die Staatssicherheit noch nicht einmal anwerben, er ist selbst auf die Staatssicherheit zugekommen. Erst durch solche Personen, wie  Herrn Dr. Haase konnte das System der Stasi 40 Jahre in der DDR überleben und funtionieren.

Der heutige Brandenburger Arbeitsminister Günter Baaske, ein Sozialdemokrat, sagte Anfang des Jahres einmal zu einem Stasifall der Kinken im Kreistag von Potsdam-Mittelmark: „ Ich halte es für moralisch äußerst bedenklich, ein öffentliches Amt bekleiden zu wollen, wenn man eine aktive Rolle bei der Stasi gespielt hat.“ Dem können wir uns nur anschliessen. Das Herr Dr. Haase angesichts dieser Faktenlage auch noch Vorsitzender des Rechnungsprüfungsausschusses ist, ist nicht mehr vermittelbar.

Erschwerend kommt hinzu, dass Herr Dr. Haase  noch 1993 den damals vorliegenden Bericht der Stasiunterlagenbehörde als „wahrheitswidrig“bezeichnet hat. Auch heute noch trägt er zur Verharmlosung bei. In der Zeitschrift „Umbrüche“, welche am 16. März 2009 vom hiesigen Kreisverband der Linken herausgegebenen wurde, schrieb er unter der Überschrift“  Der Versuch eines Dialoges SPD-Die Linke“ einen Aufsatz, in dem er betonte, dass die DDR kein Unrechtsstaat war.

Für uns ist Dr. Haase als Abgeordneter des Kreistages unhaltbar.

Eine Sondersituation liegt bei Herrn Heimberger vor, der BSTU liegt verfilmtes Material der Rosenholzdatei vor, demnach soll er als IM der Hauptverwaltung Aufklärung, also der Spionageabwehr der Stasi tätig gewesen sein. Die Arbeit der Stasi in Westeuropa ist ja noch nicht vollständig aufgeklärt. Die Abteilung Aufklärung der Stasi hat 1990 fast vollständig ihre eigenen Unterlagen vernichtet. Der Umstand, dass weder Herr Heimberger selbst, noch sein Anwalt, an der entsprechenden Anhörung der Arbeitsgruppe teilnehmen, spricht nicht dafür, dass Herr Heimberger Interesse an einer Aufklärung hat. Wer jedoch die Karten nicht offenlegt, weiter schweigt und kein Interesse an der Wahrheitsfindung zeigt, hat nach unserer Auffassung das Recht verwirkt, weiterhin als Abgeordneter tätig zu sein. Deshalb fordern wir auch im Fall von Herrn Heimberger die Mandatsniederlegung.

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