Direktkandidaten im Wahlkreis 60: Andrea Voßhoff tritt für die CDU an - Die Schifferstochter

Am 22. September ist Bundestagswahl. Die MAZ begleitet Direktkandidaten im Wahlkampf – diesmal: Andrea Voßhoff von der CDU. Brandenburg/H. Es ist ihr fünfter Wahlkampf. Seit 1998 sitzt sie im Bundestag: Andrea Voßhoff (CDU). „Es ist kein Unterschied zu den vorherigen Wahlkämpfen", sagt die 55-jährige Direktkandidatin im Wahlkreis 60. Den hat bisher stets die SPD gewonnen. Voßhoff zog jeweils über die Landesliste in den Bundestag. „Wahlkampf zeichnet sich immer dadurch aus, dass man für die eigenen Positionen kämpft und den berechtigten Informationsanspruch der Bürger, wer da denn kandidiert, erfüllt."

So tourt die gebürtige Niedersächsin, die auf Landeslistenplatz vier der CDU antritt, durch Potsdam-Mittelmark, das Havelland und Teltow-Fläming. An diesem windig ungemütlichen Tag steht die rechtspolitische Sprecherin ihrer Fraktion an einem Info-Stand am Neustädtischen Markt in Brandenburg an der Havel, reist dann weiter zu Brennpunkten, wo in den Augen von Wählern vieles nicht zum Besten steht. Wie bei der lange schon geforderten Ortsumgehung für Schmerzke oder dem Schutz der Grebser vor dem Autobahnlärm. Dazu beantwortet sie Fragen nach der Syrienpolitik der Bundesregierung und der Finanzkrise. Jeden Tag seit Ende Juli und verstärkt nun in der Endphase ist die Berufspolitikerin auf Wahlkampftour.

Zwischen zwei Terminen zur Ruhe kommt die Volljuristin, die seit mehr als 20 Jahren in Rathenow lebt, auch bei der kurzen Einkehr in Kirchen. „Kraft tanken", nennt Andrea Voßhoff das. Die Sankt Katharinen-Kirche bedeutet ihr da viel. Nicht wegen des C in CDU, sagt die Katholikin. Sondern weil Kirchen auch für bürgerschaftliches Engagement stünden. Die so eng von Gebäuden umstandene Kirche müsse sich immer wieder behaupten, sagt die Bundespolitikerin. Und dann fachsimpelt Andrea Voßhoff mit Pfarrer Michael Kiertscher über den Hedwig-Altar und die Schuke-Orgel. Kirchen seien erstaunliche Bauwerke. Auf jedem Dorf machten sich engagierte Bürger für deren Erhalt stark, sagt Andrea Voßhoff. Und ihr Lob wirkt nicht aufgesetzt.

Die Rechtspolitikerin, die nach eigenen Angaben 90 Gesetzesvorhaben mit vorangebracht hat, will sich in der kommenden Legislaturperiode für besseren Opferschutz stark machen. In der Strafverfolgung von Stalkern gebe es noch Defizite. Auch das Staatshaftungsrecht sei ihr wichtig. Ein sperriger Rechtsbegriff.

Dem Wahlvolk eingängiger wird da die Forderung Voßhoffs nach besserer Infrastruktur für das Havelland sein. Ob sie in den kommenden vier Jahren wieder die Arbeitsgruppe Recht der CDU-CSU-Fraktion im Bundestag leitet, lässt Voßhoff vielsagend offen: „Ich bin da auch ein wenig abergläubig und warte erst mal das Ergebnis der Wahl ab." Der Disput, der um Voßhoffs Rolle in der Arbeitsgruppe bei der Debatte um die gescheiterte Frauenquote entstand, scheint sie nach außen hin nicht mehr zu tangieren: „Die Geschichte hat auf meine weitere Tätigkeit keinen Einfluss."

Jungen Kollegen gibt die Bundestagsabgeordnete mit auf den Weg, sich nicht von der Politik abhängig zu machen und einen Beruf zu erlernen, „den man jederzeit wieder ergreifen kann". Wie lange sie die Politik noch als ihren Beruf ansehen will, auch das lässt Andrea Voßhoff offen. „Ich bin jüngstes Mitglied in der Senioren-Union und zugleich Fördermitglied der Jungen Union."

Die Tochter eines Binnenschiffers ist mit vier Geschwistern aufgewachsen. Während sich andere Kommilitonen in den Semesterferien etwas Geld dazuverdienten, musste sie im Familienunternehmen mit anpacken. Kochte für die Schiffsbesatzung und übernahm auch schon mal das Ruder. Vor zehn Jahren machte sie den Bootsführerschein. Am Havelland genügte Andrea Voßhoff der Wasserreichtum, um sich heimisch zu fühlen. Die flache Landschaft, die sie als Radfahrerin schätzt. Die Buga sieht Andrea Voßhoff als große Chance für die Region. Und den Wachwechsel in der brandenburgischen Staatskanzlei durch den Abgang des populären Matthias Platzeck (SPD) durchaus als Chance für die CDU im Land, „sich als Opposition besser darzustellen". Und: „Es sind ja viele, viele Baustellen, die Platzeck hinterlassen hat."

Doch auf Konfrontation geht sie nicht: An einem Strang ziehen mit der Landesregierung, auch das könne für eine bessere Infrastruktur zum Ziel führen. In Berlin wohnt Andrea Voßhoff in einer 40-Quadratmeter-Wohnung, wenn sie es nach langen Sitzungen von Mitte abends nicht mehr nach Rathenow schafft. Rathenow ist mit 25 000 Einwohnern fast genauso groß wie Haren an der niederländischen Grenze, wo Andrea Voßhoff aufwuchs. Mit Berlin hat sie sich angefreundet, eine Liebe ist es nicht geworden. Von Marion von Imhoff

Quelle: Märkische Allgemeine Zeitung, 12.09.2013